Wärmebrücken
Was Wärmebrücken genau sind, warum sie nicht nur in unsanierten Gebäuden, sondern gerade auch im energetisch sanierten Altbau vorkommen, und wie man sie erkennen kann, erfahren Sie hier.
Eine typische Wärmebrücke: Eine durchgehende Deckenplatte aus Stahlbeton ragt aus dem Gebäude (links) heraus und geht in einen Balkon (rechts) über. (Schöck Bauteile Gmbh)
Wärmebrücken sind Schwachstellen in der Gebäudehülle, die Wärme von innen nach außen transportieren. Dieser unkontrollierte Wärmefluss führt zu erhöhten Heizkosten, schlechterem Wohnkomfort und kann sogar Bauschäden wie etwa Schimmel zur Folge haben.
Berichte über Schimmel nach einer Wärmedämmung verunsichern viele Hausbesitzer. Doch meistens ist nicht die Wärmedämmung an Feuchteproblemen schuld, sondern Lücken in der Isolierung. Gerade bei einer Sanierung können Wärmebrücken entstehen und ihre Behebung gestaltet sich oft sehr schwierig. Besonders ärgerlich: Wurden Fördergelder – etwa über das KfW-Programm zur energetischen Modernisierung – beantragt, müssen diese unter Umständen zurückgezahlt werden, wenn das Sanierungsziel infolge von plötzlich auftretenden Wärmebrücken verfehlt wird.
Als Wärmebrücken werden Bereiche der Gebäudehülle bezeichnet, an denen während der Heizperiode die Wärme in besonderem Maße von innen nach außen abfließt. Die Wärmedämmeigenschaften dieser Bauteile sind also, meist aufgrund von Material oder Lage, eher gering. Ihre raumseitigen Oberflächen kühlen im Vergleich zu den umgebenden Bauteiloberflächen stärker ab. Für die Beurteilung, welche Wärmebrücken besonders relevant sind, sollten Hausbesitzer Fachleute hinzuziehen. Als erste Anlaufstelle stehen z.B. Energieberaterinnen und Energieberater der Verbraucherzentralen zur Verfügung.
Auch Wärmebildkameras können bei niedrigen Außentemperaturen Schwachstellen aufzeigen: Eine Aufnahme von außen zeigt eine wärmere Oberfläche, über die die Energie von innen an die Außenluft abgeleitet wird. Eine Aufnahme im Inneren zeigt die Bereiche als kühl, da die Wärme nur in geringem Maße aufgehalten wird und verstärkt abfließt. Wärmere Bereiche werden in Gelb oder Rot dargestellt, kühlere in Grün oder Blautönen.
Durch die raumseitig geringere Oberflächentemperatur des betreffenden Bauteils besteht die Gefahr von Kondensation an der Bauteiloberfläche. Denn: Geringer temperierte Luft kann weniger Feuchtigkeit halten als warme. Diese Luftfeuchtigkeit kann zum einen als relative Luftfeuchtigkeit in Prozent angegeben werden, zum anderen absolut in Gramm pro Kubikmeter (g/m3). Ab einer gewissen Temperatur, der Taupunkttemperatur, gibt dann die an der kalten Oberfläche abkühlende Innenluft Feuchtigkeit an diese Oberfläche ab.
So etwas gilt es zu vermeiden. Eine Außenecke mit Schimmel, Erklärung weiter unten. (Lake Stylez/Fotolia)
In den weiter unten bebilderten Situationen beträgt die Lufttemperatur in Raummitte 20 °C und an der Wärmebrücke etwa 12 °C. Der Wasserdampf in der Luft kondensiert an den kühlen Oberflächen, sobald die relative Luftfeuchtigkeit, gemeinsam mit der Temperatur von 20 °C in der Raummitte gemessen, auf 60 Prozent steigt. Denn die 12 °C „kalte“ Luft ist mit dem absoluten, also tatsächlichen Feuchtegehalt der 20 °C „warmen“ Luft „überfordert“. Die relative Luftfeuchtigkeit steigt auf 100 Prozent. Dort gibt diese kühle Luft ihren überschüssigen Wasserdampf als flüssiges Wasser an die Oberfläche ab. Bleibt die Oberfläche über längere Zeit feucht, kann Schimmel entstehen. Dafür können bereits fünf Tage reichen.
Vereinfacht gesagt: Das Wasser in der Luft verteilt sich recht gleichmäßig im Raum, aber die Temperaturen sind nicht überall gleich. Niedrigere Oberflächen- und entsprechend auch Lufttemperaturen sind eine direkte Folge von Wärmebrücken und ihrer starken Wärmeabgabe. Mit der Temperatur ändert sich die relative Luftfeuchtigkeit von Ort zu Ort und kann auf die besonders kritischen 100 Prozent steigen.
Beispiel Luftfeuchtigkeit: Ein Kubikmeter 20 °C warme Luft kann etwa 17,3 Gramm Wasserdampf aufnehmen, dann ist die maximal aufnehmbare Menge erreicht und die relative Luftfeuchtigkeit liegt bei 100 Prozent. Sind 10,4 Gramm Wasser in einem Kubikmeter Luft mit einer Temperatur von 20 °C, entspricht das einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent. Kühlt diese Luft auf 12 °C ab, steigt die relative Feuchtigkeit auf 100 Prozent, da ein Kubikmeter 12 °C warme Luft nur 10,4 Gramm Wasserdampf beinhalten kann.
Neben dem Energieverlust ist also auch die daraus entstehende Schimmelproblematik ein wichtiger Grund für die Bedeutung von Wärmebrücken. Und auch der Wohnkomfort spielt eine große Rolle, denn kalte Innenoberflächen werden in der Regel als unangenehm empfunden. Wärmebrücken beeinflussen und gefährden demnach Bausubstanz, Gesundheit und Wohlbefinden.
Es gibt verschiedene Arten von Wärmebrücken, die nicht immer klar voneinander zu unterscheiden sind. Am häufigsten kommen geometrische, konstruktive und materialbedingte Wärmebrücken vor.
Geometrische Wärmebrücken treten überall dort auf, wo eine kleine, Wärme aufnehmende Fläche der Gebäudeinnenseite auf eine größere, Wärme abgebende Gebäudeaußenseite trifft. Beispiel Außenecke: Auf der folgenden Abbildung ist eine nicht gedämmte Raumecke bei winterlichen Außentemperaturen zu sehen. Die Wärmebildaufnahme (mittleres Bild) zeigt den Temperaturverlauf an der Wand bis in die Ecke hinein. Etwa in Raummitte bzw. am Heizkörperthermostat können 20 °C Lufttemperatur abgelesen werden. Während die Wand noch hohe Temperaturwerte aufzeigt (rot), findet sich in der Ecke nur noch eine Temperatur von etwa 12 °C (gelb/grün). Warum das so ist, zeigt das rechte Bild: Während die Punkte an der Wand ihre Wärme über den direkten Weg durch die Wand nach außen abgeben, transportiert der Punkt in der Ecke seine Wärme über viele Wege nach außen. Dadurch kühlen dieser Punkt und seine Umgebung stark ab. Die Raumluft dort kühlt ebenfalls entsprechend ab. Kondensation und längerfristige Feuchtigkeitsprobleme sind wahrscheinlich, vor allem, wenn nicht ausreichend gelüftet wird.
Eine typische Wärmebrücke: Die Außenecke (BImA)
Konstruktive Wärmebrücken entstehen bei Durchdringungen von Bauteilen von innen nach außen und einer daraus folgenden Unterbrechung in der Dämmung – etwa bei einer auskragenden Balkon- oder Terrassenplatte (siehe Bild ganz oben). Unterbrechungen der Wärmedämmung können auch durch nicht fachgerechtes Arbeiten entstehen. Bei der Verringerung von Querschnitten einer Wand, wie das bei Heizkörpernischen oder Rollladenkästen der Fall ist, oder bei Fensterlaibungen, Stürzen, Fensterbänken, Sockeln sowie Bauteilanschlüssen aller Art entstehen weitere anfällige Bereiche. Eine bauliche, wärmebrückenvermeidende Ausbildung bei einer Sanierung oder im Neubau muss sorgfältig ausgeführt werden.
Materialbedingte Wärmebrücken lasen sich auch unter die konstruktiven Wärmebrücken einordnen. Sie hängen mit den verwendeten Baustoffen eines zusammengesetzten Bauteils zusammen. Eine übliche Dachkonstruktion beispielsweise besteht aus Sparren und aus einer Wärmedämmung zwischen den Sparren. Das Holz der Sparren leitet die Wärme besser als das Dämmmaterial, sodass die Wärme über die Sparren leichter abströmen kann. Auch hierbei fallen die Temperaturen der raumseitigen Oberflächen im Bereich der weniger dämmenden Bauteile ab.
Bei einer üblichen Stahlbetondecke, die auf einer Außenwand aufliegt, finden sich ebenfalls die genannten Merkmale und Folgen (siehe Bild).
EIne typsiche Wärmebrücke: Deckenanschluss (BImA)
In einem mehrgeschossigen Gebäude liegen die Stahlbeton-Deckenplatten in der Regel auf Mauerwerkswänden auf. Mauerwerk hat bessere Wärmedämmeigenschaften als Stahlbeton. Das führt dazu, dass die Betondecke die Wärme aus dem Inneren aufnimmt und weit, am Mauerwerk vorbei, in Richtung Außenbereich leitet. Dann findet die Wärme ihren entsprechend kurzen Weg durch die Wand nach draußen, selbst wenn eine Wärmedämmung an die Stahlbetondecke anschließt (roter Bereich in der Abb.). So kühlen die Auflagerbereiche an der Wand merklich ab – mit einem entsprechenden Energieverlust. Und unter den Fußleisten kann im ungünstigen Fall die Raumluftfeuchtigkeit kondensieren.
Die Behebung von Wärmebrücken ist nicht immer einfach. Eine dafür erforderliche lückenlose Dämmung ist aus wirtschaftlichen Gründen fast nur im Neubau möglich. Hier ist die Ausführung auf der Baustelle entscheidend. Zum einen ist die korrekte Ausbildung von Bauteilanschlüssen oft nur mit sehr viel Sorgfalt möglich. Zum anderen kostet diese Sorgfalt Zeit und Geld. Und sie erfordert eine stetige Aus- und Weiterbildung des Baustellenpersonals, um mit den immer steigenden, gesetzlichen Anforderungen Schritt halten zu können. Während beim Neubau die Anforderungen noch relativ gut umsetzbar sind, gibt es bei der Sanierung von Altbauten viele verschiedene Gegebenheiten und bauliche Zwänge. Das bedeutet häufig, Kompromisse zwischen Bauteildämmung und Wirtschaftlichkeit zu finden. In den meisten Fällen ist eine Außendämmung die beste Wahl, um viele Wärmebrücken zu entschärfen. Der günstigste Zeitpunkt für Dämmarbeiten ist, wenn Sanierungsarbeiten an Fassade oder Dach anstehen.
Wärmebrücken entstehen oft erst durch Dämmarbeiten, beispielsweise wenn eine Außendämmung angebracht wird und die Fenster nicht in die neue Dämmebene versetzt werden. Andere Wärmebrücken sind sehr schwer bzw. nur mit hohen Kosten zu beheben, wie zum Beispiel ein Balkon, der als auskragende Deckenplatte in der Regel nur durch einen Abriss und Neubau thermisch von der Deckenplatte getrennt werden kann.
Aber unabhängig davon, ob Wärmebrücken vorhanden sind oder nicht, achten Sie auf die Lüftung und den Raumluftaustausch. Denn gerade ausreichendes Lüften kann Schimmel verhindern, indem die Luftfeuchtigkeit abgeführt wird. So bleiben Bereiche, die zwangsweise abkühlen, frei von Kondenswasser.